Damit ist es für Nikon leichter, besonders lichtstarke Objektive zu entwickeln; auch Objektive mit einer Anfangsblende unter f1 sind möglich. Die tragen dann den Zusatz „Noct“ – von lateinisch nocturnus, auf Deutsch „Nacht“. Für das F-Bajonett baut Nikon wegen des geringeren Innendurchmessers aktuell nur Objektive mit maximaler Anfangsblende von f1.4.
Es kommen zwei neue Objektive: das Standard-Zoom Nikon Nikkor Z 24-70mm f4 S und das Weitwinkel Nikon Nikkor Z 35mm f1.8 S. Beide sind teurer als ältere Spiegelreflexobjektive, kosten etwa so viel wie ihre Sony-Pendants: Das Nikkor Z 24-70mm f4 S soll für 1.100 Euro zu haben sein, das Nikkor Z 35mm f1.8 S für 950 Euro. Im Test überzeugten beide an der Nikon Z7 mit Topqualität. Schon bei offener Blende sind die Aufnahmen knackscharf und extrem detailreich – bis in die Ecken, das schaffen viele ältere Spiegelreflexobjektive nicht. Was nicht in der Schärfeebene liegt, versinkt bei den neuen Z-Objektiven schön in der Hintergrundunschärfe, auch „Bokeh“ genannt.
Im Oktober folgt das Normalobjektiv Nikon Nikkor Z 50mm f1.8 S für 680 Euro, Anfang 2019 das ultralichtstarke Nikkor Z 58mm f0.95 S Noct, das vermutlich erst einmal das mit Abstand teuerste Objektiv für das neue System ist. Nikon hat weitere Varianten für die beiden nächsten Jahren angekündigt, darunter drei kompakte Festbrennweiten mit Anfangsblende f1.8 (20,24 und 85 Millimeter), ein Normalobjektiv (50 Millimeter) mit Anfangsblende f1.2, ein Profizoom-Trio mit Anfangsblende f2.8 (14-24, 24-70 und 70-200 Millimeter) und ein kompaktes Weitwinkelzoom (14-30 Millimeter f4).
Trotz des neuen Objektivanschlusses passen alte Objektive mit Nikon-F-Bajonett an die neue Kamera. Dafür bringt Nikon den Objektivadapter FTZ (einzeln 300 Euro, im Set mit der Kamera 150 Euro). Mit dem Adapter passen rund 360 Objektivmodelle für Spiegelreflexkameras von Nikon an den neuen Systemkameras – je nach Alter der Optiken mit mehr und minder großen Einschränkungen. Neuere Objektive aus den Serien AF-S und AF-P – beispielsweise das Nikon AF-S Nikkor 24-70mm f2.8E ED VR, das Nikon AF-S Nikkor 500mm f5.6E PF ED VR oder das Profi-Zoom Nikon AF-S Nikkor 180-400mm f4E FL ED VR – funktionieren nahezu uneingeschränkt; der Autofokus arbeitet ähnlich schnell wie mit den meisten Spiegelreflexmodellen von Nikon. Selbst ältere Objektive ohne Autofokus lassen sich an der Z7 verwenden.
Dann hilft die Kamera auf Wunsch mit Focus Peaking (farbiges Hervorheben der scharfen Bildteile) beim Scharfstellen, bei der Z7 im Menü „Individualfunktionen“ unter „Konturfilter für Lichter“ (Funktion „d10“) zu finden.
Die neuen Nikon-Systemkameras fallen etwas größer als die Modelle der Alpha-7-Serie von Sony aus, sind aber deutlich kleiner als Vollformat-Spiegelreflexkameras. Nikon nutzt diese Zwischengröße für große Handgriffe. Das sorgt für einen guten Halt und alle Bedienelemente sind schnell erreichbar. Die Bedienung nimmt starke Anleihen bei den Spiegelreflexmodellen von Nikon, mit deutlichen Änderungen. So gibt es auf der Vorderseite der Kamera nur zwei programmierbare Tasten (Fn1 und Fn2). Fn2 dient dabei als Ersatz für den Autofokus-Wahlschalter, lässt sich aber auch für andere Funktionen programmieren.
Neu bei den Profimodellen ist das Programmwahlrad mit drei programmierbaren Benutzermodi und einer Vollautomatik. Das gab es bisher nur bei kleineren Nikon-Modellen wie der Nikon D7500. Verarbeitung und Bedienung der Gehäuse der beiden neuen Modelle sind gleich. Nettigkeit für Nikon-Fotografen: Die neuen Kameras verwenden eine minimal überarbeitete Version des Akkus Nikon EN-EL15a, der in vielen Nikon-Spiegelreflexkameras steckt – den EN-EL15b. Vorteil der neuen Batterie: Sie lässt sich in der Kamera über die USB-Buchse aufladen. In der Entwicklung befindet sich der Batteriegriff MB-N10, der zwei Akkus aufnimmt und so die Ausdauer der Kameras nahezu verdoppeln soll. Systemkameratypisch hängt die Akkulaufzeit extrem davon ab, wie der Fotograf arbeitet. Im Test reichte eine Akkuladung für 2.000 Bilder.
Im Serienbildmodus ist noch mehr drin: Nach einer Reihe von Serien mit insgesamt 650 Fotos war der Akku noch zu 86 Prozent gefüllt. Und wer selbst nicht stetig Bild um Bild schießt, dürfte mit einem Akku über den Tag kommen – hier sind in der Praxis zwischen 400 und 800 Bildern drin.
Ungewöhnlich für Profimodelle: Die Nikon Z7 hat nur einen Speicherkartensteckplatz – üblich sind in dieser Preisklasse zwei. Dafür ist der Steckplatz besonders schnell: Er nimmt Speicherkarten im XQD-Format auf, etwa aus der Sony XQD M Series oder der Sony XQD G Series, die Daten mit bis zu 440 Megabyte pro Sekunde übertragen. Ein Firmware-Update für die Kamera für den neuen CFExpress-Standard soll folgen. Diese Speicherkarten nutzen die PCIe-Technik und sollen bis zu 2 Gigabyte pro Sekunde übertragen.
Die schnellen Speichermedien gleichen einen Nachteil aus: Der Zwischenspeicher der neuen Systemkameras fällt recht klein aus und ist bei Maximaltempo (neun Bilder pro Sekunde bei der Nikon Z7) schon nach etwa 3 Sekunden gefüllt. Ein kurzes Hochheben des Auslösefingers reicht aber, damit die Kamera die Fotos auf die Speicherkarte schreibt und wieder voll aufnahmebereit ist. Sportfotografen sind jedoch mit einer Canon EOS-1D X Mark II, einer Nikon D500, einer Nikon D5 oder einer Sony Alpha 9 besser dran. Hier sind locker 200 Aufnahmen am Stück mit vollem Tempo möglich.
Nikon baut schon lange Spiegelreflexkameras mit hoher Videoqualität, doch Zusatzfunktionen – wie eine Aufnahme im sogenannten Log-Format oder Focus Peaking (eine Kontrastfarbe zeigt den scharfen Bereich) – fehlten oft und der Autofokus im LiveView-Modus war lahm.
Alles Schnee von gestern: Die neuen Nikon-Systemkameras stellen beim Filmen genauso schnell scharf wie beim Fotografieren und bringen reichlich Profifilmfunktionen mit: N-Log, Zebra (schraffiert überbelichtete Partien), Focus Peaking, Full-HD-Aufnahme mit 120 Bildern pro Sekunde und 10-Bit-Ausgabe über die HDMI-Buchse – etwa, um mit einem externen Videorekorder aufzunehmen. Die Videos sehen auch ohne Nutzung der Profi-Funktionen richtig gut aus: Die 4K-Videos gefallen mit einem sehr detailreichen Bild, die Full-HD-Videos mit einer sehr flüssigen Darstellung schneller Bewegungen. Auch der Ton der Videos klingt gut.
In den vergangenen beiden Jahren ließen sich neue Nikon-Kameras nur über die Snapbridge-App (gibt es für Android und Apple) mit dem Smartphone verbinden. Dafür gab es viel Kritik, da die ersten Versionen von Snapbridge zickig waren. Die aktuelle Version funktioniert relativ zuverlässig, viele Nikon-Fotografen möchten aber andere WLAN-Software einsetzen. Das klappt beispielsweise mit der hauseigenen Software „Camera Control Pro“ zur Fernsteuerung der Kamera. Das bei Fotoprofis beliebte Programm „qDslrDashboard“ braucht aber noch ein Update – die aktuelle Version findet die Nikon Z7, steuert sie aber noch nicht vollständig fern. Sehr selten bei Digitalkameras: Das WLAN der Z7 arbeitet mit der schnellen ac-Technik.
Zusammen mit der Nikon Z7 angekündigt, aber erst im November verfügbar ist das kleinere Schwestermodell Z6. Von außen ist sie nur am Schriftzug zu unterscheiden – im Inneren steckt aber eine etwas andere Technik: Der Sensor arbeitet mit geringer Auflösung (24 Megapixel). Das hat einen handfesten Nachteil – die Fotos werden nicht so extrem detailreich wie bei der Z7. Aber dadurch ergeben sich auch einige Vorteile – der wichtigste: Die Z6 ist 1.400 Euro günstiger. Das Gehäuse mit dem Bajonettadapter FTZ kostet 2.450 Euro, mit dem Zoom sind es 2.900 Euro und die Kombi aus Kamera, Zoom und Bajonettadapter kostet 3.050 Euro.