Auch in der Hi-Fi-Fachpresse hatte die MD schnell ihren Ruf als Klangkiller weg. Damals tobte noch stärker der - bis heute anhaltende - Streit um analogen gegen digitalen Klang, und das digitale Bandformat DAT gab es auch schon - ebenfalls von Sony erfunden. Der DATman, 1990 erschienen, lief zwei Stunden, war aber auch mit rund 1.500 DM viel teurer als die MD. Nur: Da hier keine Kompression stattfand, klangen von CD auf DAT kopierte Musikstücke auch wie CDs.Sony steckte anschließend viel Arbeit in die Hard- und Software der Minidisc. Mit dem Mitte 1994 erschienenen MZ-R2, der nur noch 310 Gramm wog, kam das wesentlich besser klingende Atrac-2. Erst ein Jahr später waren die Geräte mit dem MZ-R3 aber auf das Format einer Kompaktkassette geschrumpft, und mit Atrac-3 erreichte die Kompression ein so hohes Niveau, dass sie unhörbar war. Die damals verfügbaren MP3-Encoder wie das Original des Fraunhofer-Instituts klangen in unseren Ohren jedenfalls schlechter. Hätte Sony das Format damals geöffnet und nicht stur an die Minidisc gebunden, wäre heute vielleicht der De-facto-Standard für Audiokompression nicht MP3, sondern Atrac.
Zudem hatte Sony mit Atrac-3 das Kopieren über mehrere Generationen, also von Minidisc zu Minidisc, soweit verfeinert, dass je nach Gehör erst nach dem vierten oder fünften Mal Verluste bemerkbar waren. Die waren offenbar beabsichtigt, denn auch wenn zwei MD-Rekorder digital verbunden wurden, gab es jedes Mal eine Neukompression des Materials, das ohnehin schon die Verluste vorheriger Durchgänge aufwies.Dass das auch anders geht, war nur in Tonstudios zu beobachten. Dort erfreute sich die MD schnell einiger Beliebtheit, nicht nur wegen der kleinen und robusten Discs. Sony hatte auch MD-Rekorder entwickelt, die über ein proprietäres Kabel die Daten direkt und ohne Neukompression mit doppelter Geschwindigkeit austauschen konnten. Zudem ließen sich Stellen im Stück über ein Jog-Dial direkt ansteuern und verzögerungsfrei starten - ideal für den Einsatz beim Rundfunk.
So verwendete unter anderem der Bayerische Rundfunk diese MD-Rekorder in seinen Studios. Weiterer Vorteil: Die damals schon digital auf Macs mit dem Programm Pro Tools produzierten Jingles und Best-of-Zusammenschnitte ließen sich auf einem lange haltbaren und auch mit Heimequipment abspielbaren Medium archivieren. Später wurde die MD jedoch auch in diesem Bereich von serverbasierten digitalen Audiosystemen verdrängt.Dass die Kopierzeit von CD auf MD ein Problem darstellte, zumal die ersten bezahlbaren Audio-CD-Rekorder mit doppelter Geschwindigkeit Mitte der 1990er Jahre auf den Markt kamen, bemerkte auch Sony. Nach weiteren MD-Geräten für Hi-Fi-Anlagen und auch Autoradios in den folgenden Jahren erschien so schließlich 1999 der MXD-D3.
Das Gerät im Format eines Hi-Fi-Bausteins besaß links ein CD-Laufwerk und rechts einen MD-Rekorder. Mit einem Knopfdruck konnte eine CD mit vierfacher Geschwindigkeit auf eine MD kopiert werden. Damit war die Wahl des passenden Albums für den Weg zur Arbeitsstelle kein Problem mehr - 15 Minuten für eine CD üblicher Länge fanden sich während des Duschens oder Frühstückens immer.
Eine besonders dämliche Idee der Musikindustrie zeigte sich mit dem MXD-D3 aber auch: Die Fehlermeldung Text Protect wies darauf hin, dass die Namen der Stücke, die per CD-Text auf einigen Alben zu finden waren, nicht kopiert werden durften. Die musste der Nutzer per Zehnertastatur auf der Fernbedienung wieder eintippen, obwohl sie auf der CD schon gespeichert waren - wohlgemerkt ging es hier nur um die Titel der Songs, nicht um ganze Liedtexte.Trotz dieser Einschränkung entwickelte sich das rund 600 DM teure Gerät schnell zum Geheimtipp, weil es dank guter Wandler auch als CD-Player überzeugte. Sogar andere digitale Quellen wie einen PC mit SPDIF-Ausgang konnte man durch die Nur-Wandler-Funktion des MXD-D3 wesentlich besser klingen lassen als über die analogen Ausgänge billiger Soundkarten.Doch angesichts der immer günstiger werdenden CD-Rohlinge und vor allem der ebenfalls jährlich billiger und schneller werdenden CD-Rekorder für PCs hatte die Minidisc ihren Zenit als Medium für Musik schon überschritten. Dabei gab es die Minidisc nicht nur als beschreibbare, sondern auch als vorbespielte Medien, die in guten Kaufhäusern und Audioabteilungen zu finden waren. Die waren in Hüllen untergebracht, die Kassettenhüllen nicht unähnlich sahen, aber etwas mehr Luft hatten. Platz für ein kleines Booklet im praktischen Büchleinformat gehörte dazu.
Der große Vorteil der MD war damals die geringe Größe. Auch wenn Sony es verstand, die Technik so klein wie möglich zu machen, sind portable CD-Player bis heute wahre Monster am Gürtel. Ein MD-Player dagegen ist hosentaschentauglich. Die Geräte wurden im Laufe der Zeit sogar kleiner als der typische Kassetten-Walkman. Dabei war die MD-Technik der CD deutlich überlegen, allerdings auch teurer.Minidiscs unterscheiden sich in ihrem Aufbau sehr von den meisten anderen Speichermedien. Bei den Discs ist ein Caddy Pflicht. Die Schutzhülle sorgt dafür, dass möglichst wenig Staub auf die Medien kommt. Der Laser eines Lesegeräts kann trotzdem auf den Datenträger strahlen, denn eine kleine Öffnung wird über einen Schieber (Shutter) freigegeben. Der hat im Unterschied zu vielen anderen Formaten keine Feder. Das Laufwerk muss selbst dafür sorgen, dass eine MD wieder verschlossen wird. Zudem ist der Schieber vor allzu neugierigen Nutzern geschützt. Ohne gezielten Fingernageleinsatz bekommt man ihn nicht auf.
Links gut zu sehen: der Mechanismus, der den Schieber festriegelt. Mit Fingernageleinsatz bekommt man MDs trotzdem auf. (Bild: Andreas Sebayang/Golem.de) Links gut zu sehen: der Mechanismus, der den Schieber festriegelt. Mit Fingernageleinsatz bekommt man MDs trotzdem auf.
Im Inneren ist die Minidisc verwandt mit der Magneto Optical Disk (MO-Disk) und der CD, und zwar sehr viel näher als viele denken. Das sogenannte Orange Book als Standarddokument findet sich in einigen MD-Spezifikationen und beschreibt eine CD-MO - also eine Compact Disc Magneto Optical. Gelesen wird ein MO-Medium technisch ähnlich wie eine CD mit einem Laser, dessen Licht vom Datenträger und seiner Reflexionsschicht zurückgeworfen wird und so die Bits erkennbar macht.
Beim Schreiben gibt es hingegen Unterschiede zu rein optischen Medien, die für MD und MO gleichermaßen gelten. Beim magneto-optischen Verfahren wird die Disc beziehungsweise Disk punktuell aufgeheizt und dann durch einen Magneten so verformt, dass unterschiedliche Oberflächen für die Laserabtastung entstehen. Dafür sind anders als bei der CD zwei unterschiedliche Köpfe nötig. Im Sandwichverfahren wird die MD von unten auf 180 Grad Celsius gebracht, während der Magnetkopf die erwärmte und bewegliche Fläche mit Datenmustern beschreibt. Trotz des Konstruktionsaufwands durch die zwei Köpfe gelang Herstellern wie Sony oder Sharp eine erhebliche Miniaturisierung, die auch Hosentaschen-MD-Rekorder möglich machte.
Das ist der Grund dafür, dass beschreibbare MDs oben und unten eine Öffnung haben, während vorbeschriebene MDs nur unten geöffnet werden. Das gilt auch für die kleine MO im 3,5-Zoll-Format, nicht aber für die 5,25-Zoll-MOs. Diese haben zwei Seiten, weil die ziemlich dicken Scheiben auf beiden Seiten beschrieben werden können.Das magneto-optische Verfahren ist langlebiger als andere Verfahren. Eine Minidisc kann beispielsweise bis zu einer Million Mal beschrieben werden. Phase-Change-Medien wie die DVD-RAM schaffen noch 100.000 Zyklen. Die beliebten RW-Medien schaffen nur 1.000 Schreibvorgänge. Letzteres ist für festplattenartige Zugriffsstrategien nicht gerade viel und vor allem hier kann die Minidisc noch heute ihre Vorteile ausspielen. Es ist schlicht egal, wo welches Musikstück technisch auf der Scheibe liegt.
Mit der Minidisc hat Sony eine ganze Konkurrenz-Infrastruktur zu Kassetten und CDs aufgebaut. Vorbespielte Medien im Handel, portable Player, gute Hi-Fi-Geräte und ein Bedienungskomfort, den Kassetten und CDs damals nicht boten. Gewissermaßen sind es kleine Festplatten mit anderer Aufnahmetechnik und denselben Nachteilen. Eine Minidisc kann durchaus im Laufe der Zeit fragmentieren. Das war für uns aber nie ein Problem.Mit dem Aufkommen von Apples iPod und anderen Festplattenplayern wurde es vor über zehn Jahren immer schwieriger für Sonys MD und Sonys Partner, die ebenfalls MD-Equipment anboten. Insbesondere gegen Apple mit seinen Festplatten im CF-Format (iPod Mini) und der Konzentration auf Flash-Speicher konnte Sony nicht ankommen. Sonys Network-Walkman-Serie erreichte beispielsweise nie die Popularität von Apples iPods, die de facto zum neuen Walkman wurden. Der japanische Konzern gab die Minidisc trotz der schlechten Ausgangslage im vergangenen Jahrzehnt dennoch nicht auf und entwickelte sie parallel zu Flash-Playern weiter. Es gab sogar den Versuch eines Neustarts:
Den meisten unbekannt dürfte der Umstand sein, dass Minidiscs auch als Datenspeicher dienen können. Mitte des vergangenen Jahrzehnts stellte Sony das USB-Laufwerk DS-HMD1 vor, das auch Teil des Neustarts der MD-Technik war. Es konnte auf die damals neuen Hi-MD-Medien 1 GByte speichern, auf alte Medien durch eine Neuformatierung immerhin rund 300 MByte statt etwa 170 MByte im alten Format.
Hi-MD-Player samt Medium (Bild: Nina Sebayang/Golem.de) Hi-MD-Player samt Medium (Bild: Nina Sebayang/Golem.de)
Die kleinsten Minidiscs, die schon in der Anfangszeit als Datenträger dienen konnten, fassten damals 140 MByte. Das wohlgemerkt mit Medien, die schon genutzt wurden, als Anwender noch mit wabbeligen 5,25-Zoll-Floppy-Disks hantierten und um jedes KByte im Arbeitsspeicher oder auf den Medien kämpften. Trotzdem konnte sich die MD nicht als Datenspeicher durchsetzen. Beliebter waren Iomegas Zip-Laufwerke und vor allem in Japan die MO-Laufwerke.Sony hatte einiges mit der Hi-MD vor, wie aus einer Pressemitteilung vom März 2005 hervorgeht. So war damals nicht nur geplant, MP3 direkt von der MD abzuspielen, sondern diese auch als Medium für Kameras zu etablieren.
Gelungen ist beides nicht, trotz der hohen Speicherkapazität bei niedrigem Preis. Ein paar Monate zuvor, im Oktober 2004, berichteten wir noch von CF- und den heute fast vergessenen MMC-Karten, die mit 1 GByte unter 100 Euro zu haben waren - damals ein Schnäppchen. Im Mai 2005 musste der Interessent für eine schnelle 1-GByte-SD-Karte noch rund 150 Euro bezahlen.Wer sich für die weiteren Unterschiede zwischen Minidisc und Hi-MD interessiert, dem empfehlen wir einen Blick ins Hi-MD-Specsheet, das Minidisc.org für die Nachwelt derzeit archiviert.In Japan haben sich magneto-optische Systeme schon immer ganz gut verkauft. Neben Sonys Minidisc verbreitete sich dort auch die MO-Disk und wurde bis vor einigen Jahren vor allem von Fujitsu gut unterstützt. Olympus und Fujitsu boten auch in Deutschland 3,5-Zoll-MO-Laufwerke an. Die 5,25-Zoll-Medien der MO gab es auch noch, sie waren jedoch für den professionellen Einsatz bestimmt und für Endanwender noch weniger bezahlbar als die ohnehin schon teuren kleinen MOs. Ein Gigamo-USB-Laufwerk kostete 2001 rund 800 DM.
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